Ich lebe unter meinem Potential. Momentan verbringe ich fast den ganzen Tag vorm Fernseher und eine Woche vor einer Prüfung beginne ich mit dem Lernen (meist 16h am Tag) – manchmal schaffe ich die Prüfung, manchmal nicht. Wenn die Prüfung vorbei ist, beginnt wieder mein altes Muster und ich sitze wochenlang vorm Fernseher.
Das entspricht eigentlich überhaupt nicht meiner Natur: ich bin normalerweise ein sehr positiver Mensch, gehe offen durchs Leben, bin vielseitig interessiert. Ich lerne auch gerne und könnte an der Uni viel besser sein. Ich habe auch gerne Menschen um mich, und trotzdem beschränken sich meine sozialen Kontakte auf meine Eltern und meine beste Freundin.
Es war ein sehr schleichender Prozess, begonnen hat alles vor ca. 4-5 Jahren, als ich für mein Studium nach Wien gezogen bin. Ich habe schon den Öfteren versucht, meine Muster zu durchbrechen, aber ich schaffe es nicht (habe mich bei diversen Sportvereinen angemeldet und versuche immer wieder mit Menschen in Kontakt zu kommen). Nach ein paar Tagen finde ich mich wieder vorm Fernseher – ich vermute, dass ich damit meinen Frust vergessen/verdrängen möchte. Den Frust, dass ich weit unter meinem Potential lebe. Ein Teufelskreis also.
Ich denke, gestern habe ich meinen Tiefpunkt erreicht – ich hatte während einer Prüfung einen Migräneanfall (nach 18h lernen) und konnte die Prüfung daher nicht abschließen. Eigentlich wollte ich zu Hause nur noch weinen, aber ich konnte vor Wut einfach nicht. Ich lebe alleine, mein Studium läuft nicht, ich habe keine sozialen Kontakte und mache nichts mehr was mir Spaß macht (weil ich es nicht schaffe) – ich habe so viele Baustellen, so dass ich nicht weiß wo ich beginnen soll.
1 comment
Die Situation, die Sie beschreiben, klingt ganz schlicht nach einer Überforderung. Zu aller erst, lege ich Ihnen ans Herz: seien Sie freundlich mit sich selbst! Verurteilen Sie sich nicht, fangen Sie an Ihre Situation zu erforschen und versuchen Sie Bewertungen über sich selbst mal beiseite zu lassen!
Wer seine Freizeit hauptsächlich vor dem Fernseher verbringt – und das tun sehr viele Menschen – flüchtet vor etwas, meist vor sich selbst und seinen Gefühlen. Sie erwähnen, dass sie frustriert sind, weil Sie “weit unter Ihrem Potential leben”. Ich empfehle Ihnen, einmal genau drüber nachzudenken, was denn Ihr Potential, Ihre Begabung ist. Schreiben Sie es auf, alles, was Ihnen einfällt, Ihre Stärken und Talente. Und lassen Sie Forderungen an sich selbst jetzt mal weg! Da ist viel Potential, freuen Sie sich darüber und versuchen Sie ein bisschen GEDULD mit sich selbst aufzubringen!
Die aktuelle Überforderungssituation ist als “schleichender Prozess” gekommen. Forschen Sie doch nach, wie das war, als Sie vor 4-5 Jahren nach Wien gekommen sind. Wie war die Übersiedelung, wie haben Sie sich gefühlt in der Anfangszeit? Hatten Sie Freude an der neuen Situation, oder haben Sie sich entwurzelt gefühlt?
Ein Studium ist schwere Arbeit und sehr einseitig, der Verstand ist hochgradig gefordert, während Fühlen, Empfindung, Intuition oft ganz beiseite gestellt werden. Zusätzlich haben sehr viele Menschen gelernt, sich mit anderen zu vergleichen und sehr viel von sich selbst zu fordern, gerade so, als ob das Leben ein Wettrennen wäre. Dadurch entsteht eine gewaltige Enge! (Es geht vielen so, ich hatte eine Menge junger KlientInnen mit diesen Themen) Lebensqualität entsteht, wenn ich mich auch mit meiner Wesensart beschäftige und dem nachgehe, wo meine Freude ist.
Ich glaube, dass Sie eine grundsätzliche Beschäftigung mit Ihren ganz persönlichen Interessen, Freuden, Werten brauchen, damit Ihr Blick wieder offener, weiter wird.
Es ist gut, wenn Sie Ihren Tiefpunkt erreicht haben, dann geht es bald wieder bergauf! Schade, dass Sie nicht geweint haben, Weinen tut gut, es löst Anspannung und bringt uns mit uns selbst in Verbindung. Geben Sie sich für eine Zeit lang richtig frei vom Studium (“Es ist gut und NOT-wendig, dass ich jetzt eine Pause mache. “) und versuchen Sie Kräfte zu tanken! Naürlich ist es viel leichter aus so einer Situation heraus zu wachsen, wenn man dabei Unterstützung hat. Ich lade Sie herzlich ein, ein Beratungsgespräch bei uns zu vereinbaren!