Gefühle intensiv wahrnehmen

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Mein Anliegen ist wie folgt: ich habe herausgefunden, dass ich wahrscheinlich Hochsensibel bin.

Ich nehme die Launen, Stimmungen anderer wie ein Schwamm auf, was mir nicht gut tut. Mein Partner ist schon seit längerem sehr gestresst und hat kaum Zeit. Wenn wir uns treffen, dann merke ich seine innere Unruhe und dass er sehr angespannt ist, weil er im Hinterkopf an alles denkt, was er noch machen muss. Seine gestresste Art färbt sich dann total auf mich ab. Er ist so angespannt und schlecht drauf, ich merke dann immer, wie ich auch angespannt bin und mich richtig unwohl fühle in solchen Situationen.

Es fühlt sich dann so an, als wäre so eine unsichtbare Mauer zischen uns. So als könnte ich nicht zu ihm durch dringen. Wahrscheinlich hat er quasi ein schlechtes Gewissen, weil er grade nicht an seinen Aufgaben sitzen kann, sondern die Zeit stattdessen mit mir verbringt. Das hört sich komisch an, aber irgendwie spüre ich das. Fühle mich irgendwie unerwünscht in solchen Situationen, obwohl er mir sagt, dass er sich freut, wenn er mich sieht und sich ja auch extra die Zeit für mich nimmt.

Ich fühl mich dann immer so schlecht bei solchen Treffen. Irgendwie fühle ich mich da wie ein Balast. Auch so unbeachtet, uninteressant, unbegehrt, ungeliebt. Weil er eben schlecht drauf ist und nur über seine Themen redet, mir nicht wirklich zuhört bzw wenn ich was erzähle kommt ein unbeeindrucktes “mhm” oder gar kein Kommentar. Auch sonst kommentiert er nichts bzw nichts positives. Er hat halt für sonst nichts einen Kopf.

Wenn er keinen Stress hat und gut gelaunt ist und mir Komplimente macht bzw mir Aufmerksamkeit schenkt, dann fühl ich mich wiederum super. Da überträgt sich seine gute Laune komplett auf mich und ich schwebe wieder auf Wolke 7.

Nur leider ist er ein ziemlicher Workaholic, hat ein anspruchsvolles Studium und einen anstrengenden Job. Also dass er gestresst ist, kommt nicht so selten vor. Außerdem will er bald noch mehr arbeiten, das heißt noch weniger zeit.

Einerseits bin ich ja froh, dass er sich extra Zeit für mich nimmt, aber andererseits nehme ich dann immer seine negative Stimmung auf. Ich würde mich da gerne mehr abgrenzen können, damit es mir besser geht nach einem Treffen mit ihm in solchen Fällen. Weil meistens geht es mir mit Treffen mit ihm in solchen Fällen schlechter als vor dem Treffen. Sowas ist ja dann auch keine erfüllende Beziehung. Noch besser wäre es ja, wenn ich ihn sogar anstecken könnte mit positiver Laune oder so. Aber das funktioniert meinst nicht, weil er so mies drauf ist und ich mich eh schon bemühe, dass er nicht merkt, dass es mir auch mies geht. Was sehr anstrengend ist.
Er ist dann auch immer so gestresst, dass man das bei Körperkontakt richtig merkt wie angespannt er ist und dass ihm das grade nicht recht ist. Wenn wir uns küssen, dann spüre ich richtig, wie er das grade eigentlich nicht will und mich nur “aus Höflichkeit küsst”.
Ich kanns ja verstehen, wenn ich gestresst und unruhig bin, dann mag ich auch keinen Körperkontakt. Das Problem ist nur, dass ich das bei ihm immer auf mich selber schiebe und mich so fühle, als würde er mich nicht wollen. Fühle mich dann so ungeliebt.
Danach grübel ich immer nach und alle Gefühle platzen in mir hoch.

Was kann ich da tun? Wie grenze ich meine Gefühle von ihm ab?

Danke und LG 🙂

1 comment

  1. Es wirkt so, als würden Sie Gefühle sehr intensiv wahrnehmen und sich bereits viele Gedanken über diese verschiedenen Themen gemacht zu haben.
    Als große Kompetenz ist wahrzunehmen, dass Sie sich hier sehr reflektiert Gedanken über Ihr Erleben und Verhalten machen. Dort hinzuschauen, wo ich selber Probleme erlebe, zeugt von großer Kompetenz und Mut.

    Immer wieder begegnet es uns, dass wir die Launen und Stimmungen unserer Mitmenschen wahrnehmen. In manchen Momenten gelingt es uns besser uns von diesen abzugrenzen, in anderen Momenten hingegen ist es unfassbar schwierig zu definieren, was ‘meins’ und was Gefühle des:der Anderen sind.
    Vor allem scheinen auch viele (Selbst-)Bewertungen aufzukommen, die die eigenen Wahrnehmungen weiter ‘verschärfen’.

    Versuchen Sie in einem ersten Schritt aktiv wahrzunehmen, welche Situationen was in Ihnen auslösen. Gibt es Situationen, die Sie mehr oder weniger bewerten? In welchen Momenten kommen mehr oder weniger Gefühle auf, bzw. wo gelingt es Ihnen besser von den Gefühlen Anderer sich abzugrenzen und wo stellt es Sie eher vor Herausforderungen.

    Im bewussten Wahrnehmen können neue Erkenntnisse aufkommen, mit denen Sie in Folge weiterarbeiten können. Nehmen Sie sich für dieses bewusste Wahrnehmen und die Selbstbeobachtung Zeit und Raum, es ist in den meisten Fällen nicht so einfach, wie sich diese Aufgabe im ersten Moment vll. anhört.

    Wenn Sie sich näher mit der Thematik auseinandersetzen wollen, empfiehlt es sich auch mit einem:einer Psychotherapeut:in über dieses Erleben zu sprechen und neue Wege zu erarbeiten. Hilfreiche Links dazu finden Sie bspw. unter psyonline.at.

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